L E I S T U N G A U F G A N Z E R L I N I E M it der Modernisierung und Technologie- Umstellung musste das Pforzheimer Heizkraftwerk umfassend umgebaut und verändert werden. Gestemmt wur- de der komplette Umbau von einem hochmotivierten SWP-eigenen Team. Die Gesamtverantwortung als Projektleiter trug Martin Seitz, Bereichsleiter Erzeu- gung bei den SWP, unterstützt von seinem Stellver- treter Matthias Ott, Leiter Technik, und Stefan Seele, Leiter Produktion. Ein Projekt dieser Größenordnung und Komplexi- tät ist alles andere als alltäglich. Für das Kernteam hieß das tausende E-Mails, Telefonate und Abstim- mungsmeetings, das eine oder andere Trouble- shooting und natürlich nicht immer ein pünkt- licher Feierabend. Darüber hinaus waren zeitweise praktisch alle SWP-Mitarbeiter in Teilprojekte und einzelne Aufgaben involviert. Trotz der erschwerten Bedingungen durch die Corona-Pandemie konnte das anspruchsvolle Vorhaben sogar schneller als geplant und ohne das Budget zu überschreiten realisiert werden. Herr Seitz, ein Großprojekt im Termin- und Kos- tenplan ist ja schon eine Ausnahme in Deutsch- land – wie haben Sie das geschafft? „Mit viel Herzblut und einigen Überstunden. Vor allem aber deshalb, weil wir uns früh entschieden haben, dass wir das komplette Projekt in eigener Verantwortung behalten. So konnten wir jederzeit direkt Einfluss auf den Verlauf nehmen und mit unseren eigenen Kräften flexibel reagie- ren, auch auf manche Hindernisse, die uns Corona in den Weg gelegt hat. Als zum Beispiel eine Schaltanlage aus Bergamo erst Wochen später als geplant geliefert werden konnte, haben wir ein anderes Teilprojekt vorgezogen.“ Wie aufwändig muss man sich den Umbau vor- stellen? „Also einfach ist was anderes. Wir mussten ja nicht nur die neuen Motoren installieren, sondern auch die kom- plette Infrastruktur, d. h. eine komplett neue Anbindung an das Fernwärmenetz mit einer neuen Hydraulik, Rohr- leitungen, Regelungstechnik und so weiter umstellen. Hinzu gekommen sind außerdem zwei neue Schorn- steine und ein weiterer Spitzenlastkessel, um optimal auf besonders verbrauchsintensive Tage vorbereitet zu sein. Die Mitarbeiter mussten sich natürlich auch auf die neue, anspruchsvollere Technologie einstellen. Praktisch haben wir das ganze Heizkraftwerk einmal kräftig umgekrempelt.“ Und das Ganze am offenen Herzen … „Ja klar, der laufende Betrieb muss ja in jedem Moment gesichert sein, unsere Kunden wollen es gemütlich warm zu Hause haben und heiß duschen. Das hat alles bestens geklappt, letzten Endes hat keiner unserer Kunden etwas vom Umbau und der Umstellung bemerkt. Nicht einmal das Wanderfalkenpaar, das bei uns schon seit Jahren nistet, hat sich gestört gefühlt.“ Was bringt die neue Technik? „Eine wesentlich effizientere Energieverwertung mit 96 Prozent Wirkungsgrad, eine deutlich bessere CO2-Bilanz und einen wertvollen Gewinn an Flexibilität. Das heißt, wir können künftig sehr viel schneller und gezielter reagie- ren, wenn es zu Schwankungen beim Verbrauch kommt. Wenn nötig, können wir aus dem Stillstand heraus inner- halb von 90 Sekunden die Stromproduktion hochfahren. Das ist wichtig, weil sich die Einspeisung aus natürlichen Energiequellen nicht planen lässt und je nach Wetter stark schwankt. Ebenso wie der Verbrauch.“ Welche Bedeutung haben dabei die neuen Gas- motoren? „Unsere fünf neuen Gasmotoren sind das Herzstück der Anlage. Sie sind das Modernste, was es zurzeit in die- sem Bereich weltweit gibt. Die Energieausbeute und die Leistungswerte sind herausragend und in Kombination mit dem Biomasseblock erzeugen wir Energie und Wärme zu nahezu 100 Prozent in Kraft-Wärme-Kopplung. Sie sind ziemlich begeistert von Ihren Motoren? „Wir haben hier die Power von ca. 75 Formel-1-Boliden unter einem Dach, nur viel klimafreundlicher. Da geht einem als Ingenieur schon mal das Herz auf.“ Hat sich Ihr Einsatz für das Projekt gelohnt? „Ganz klares Ja! Mit dem umgerüsteten HKW sind wir jetzt zukunftsfähig aufgestellt und können Pforzheim sicher und nachhaltig durch viele Winter bringen. Gleichzeitig können wir kurzfristig hohe Stromnachfragen flexibel abfangen und stabilisieren somit das gesamte Stromnetz. Damit sind wir hier in Pforzheim energiewirtschaftlich auf dem aller- neuesten Stand. Wir sind im ganzen Team stolz darauf, dass wir das geschafft haben.“ K I N H C E T E V I T A V O N N I 13 E R F O L G R E I C H E R H K W - U M B A U 2018 fiel der Planungsbeschluss, bereits im Herbst 2020 erfolgten die ersten Testläufe im umgebauten HKW. Bis zum 21. April dieses Jahres wurde das letzte Gramm Kohle verbrannt, seither ist die neue Gasmotoren-Anlage voll in Betrieb. Die offizielle Eröffnung war am 17. Juni 2021.