„Die Wunschenergie wird künftig Fernwärme sein“

Interview mit SWP-Geschäftsführer Herbert Marquard über die aktuellen Herausforderungen auf dem Energiemarkt, die Wärmewende in Pforzheim und die Einführung der 4-Tage-Woche bei den Stadtwerken.

Herr Marquard, noch vor wenigen Jahren spielte das Thema Energieversorgung für viele Menschen eine eher untergeordnete Rolle. Seit dem Krieg in der Ukraine und der dadurch befeuerten Energiemarktkrise hat sich das gewandelt: Die Menschen diskutieren über Energiefragen teilweise ähnlich enthusiastisch wie über Politik oder Sport. Ist dieses „In den Fokus rücken der Energie“ für die SWP eher Fluch oder Segen?

Die Menschen sind definitiv sensibler, was dieses Thema angeht. Die Kunden sind über die höheren Abschläge direkt betroffen und beschäftigen sich daher mehr mit Energiefragen und dem Verbrauchsverhalten als in den vergangenen Jahren. Das ist auch gut so, denn der Hebel, um Kosten zu sparen, liegt bei den Kunden selbst. Wir beobachten dies auch in Zusammenhang mit vielen Anfragen im Bereich der energienahen Dienstleistungen. Unsere Expertise in den Themenfeldern Photovoltaik oder moderne Heizungssysteme ist daher enorm gefragt.
 

Die Energie- und Wärmewende in Deutschland ist in vollem Gange und wird von den Stadtwerken umgesetzt. Wie stellt sich die Situation für uns in Pforzheim dar?

Hier haben sämtliche Energieversorger von der Bundesregierung ein großes Aufgabenpaket überreicht bekommen. Letztlich gilt es, die beiden Bereiche separat zu betrachten: Bei der Energiewende reden wir über die CO2-neutrale Erzeugung von Strom. In Pforzheim sind wir in der glücklichen Lage, dass wir unser Kohlekraftwerk schon vor Jahren abgestellt haben und in unserem Heizkraftwerk Kraft-Wärme-Kopplung über unsere Gasmotoren und den Biomasseblock betreiben, in dem Holzhackschnitzel verfeuert werden. Die SWP haben hier bereits einen gewaltigen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Und mittelfristig wollen wir die Gasmotoren mit Wasserstoff betreiben, um den nächsten Schritt zu gehen. Zunächst ist hier eine Beimischung geplant und danach der Komplettbetrieb mit Wasserstoff.

Bei der Wärmewende sieht es etwas anders aus. Hier sind wir nach wie vor stark abhängig von der Erdgasversorgung, besonders im Osten des Landes. In Westdeutschland haben wir zudem noch immer viele Ölheizungen. Auch beim Thema „Heizen“ ist das Ziel aber klar: CO2-Neutralität. Aus diesem Grund setzen wir in Pforzheim sehr stark auf die Fernwärme. Durch die Kraft-Wärme-Kopplung sind wir hier klimafreundlich unterwegs und bieten den Kunden zudem den Vorteil, dass sie sich nur noch um den Hausanschluss, nicht mehr aber um eine eigene Heizungsanlage im Keller kümmern müssen. Dadurch sind die Kunden technologisch immer auf dem neuesten Stand. Die Wunschenergie in Pforzheim wird daher sicherlich immer mehr die Fernwärme sein. Wir investieren jedes Jahr hohe Millionenbeträge, um die Fernwärme weiter auszubauen. Wo Fernwärme bereits vorhanden ist und wo wir neue Leitungen verlegen, kann über unsere Internetseite detailliert nachverfolgt werden.

Aufgrund der hügeligen Lage ist es allerdings schwierig, sämtliche Bereiche in der Stadt mit Fernwärme zu versorgen. Daher denken wir auch über Nahwärmekonzepte nach und natürlich über Wärmepumpen in Kombination mit Photovoltaik. Unsere Aufgabe ist es, die jeweils bestmögliche Lösung für die Bürgerinnen und Bürger auszuarbeiten.
 

Die Stadtwerke Pforzheim haben früh darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, weiterhin Energie zu sparen und die entsprechenden Preisbremsen einzuhalten. Die Bundesregierung hat nun angekündigt, die Preisbremsen bei Gas und Strom um drei Monate bis Ende März 2024 zu verlängern, zugleich aber den ermäßigten Mehrwertsteuersatz (sieben statt 19 Prozent) bei Gas und Fernwärme zum Jahresanfang abzuschaffen. Eine gute Idee?

Wichtig ist es, in diesem Zusammenhang nochmals darauf hinzuweisen, dass die Preisbremsen nur für 80 Prozent des prognostizierten Jahresverbrauchs gelten. Dies hat zu enormen Einsparungen geführt und die Kunden haben ihren Verbrauch deutlich reduziert, was schon einmal sehr positiv ist. Ich finde es sehr gut, dass die Bundesregierung die Preisbremsen verlängern möchte, da die Kunden somit über einen großen Teil der nun beginnenden Heizperiode entlastet werden können. Auch die Mehrwertsteuer müsste man in meinen Augen bis Ende März abgesenkt lassen, da dies die Kunden zusätzlich unterstützen würde. Aber hier hat die Regierung aktuell mehrheitlich eine andere Auffassung, obwohl die finanziellen Mittel vorhanden sind.
 

Für die SWP-Kunden sehr positiv: Die Preise für Strom, Gas und Fernwärme werden zum 1.1.2024 sinken. Können Sie bereits verraten, in welchem Umfang?

In allen drei Bereichen wird es deutliche Senkungen geben. Die genauen Details werden wir in den kommenden Wochen ausarbeiten, da hier Faktoren wie Netzentgelte und CO2-Preise eine Rolle spielen, die noch nicht endgültig festgelegt worden sind. Das Signal ist aber eindeutig: Die Preise werden sinken.
 

Sie sind seit mehr als 50 Jahren in der Energiebranche tätig: Wagen Sie einen Ausblick, wie sich die Märkte in den kommenden Jahren entwickeln werden? Auch mit Blick auf die Unsicherheiten, die nach wie vor die Infrastruktur betreffen, wie der jüngste Gaspipelinevorfall in der Ostsee zeigt?

Man sieht aktuell, dass es in den Märkten eine Seitwärtsbewegung gibt. Das bedeutet, dass die signifikanten Preisausschläge derzeit glücklicherweise nicht mehr zu beobachten sind. Dennoch ist ganz klar: Preise wie vor dem Ukrainekrieg wird es nicht mehr geben, Energie wird insgesamt teurer. Ein Unsicherheitsfaktor bleibt zudem: Kommt es zu Vorfällen wie jenem an der Pipeline zwischen Finnland und Estland, dann reagieren auch die Märkte sehr empfindlich. Der Gasmarkt bleibt also sehr volatil, trotz des Angebots an Flüssiggas (LNG).
 

Um die Ziele zu erreichen, müssen die SWP auch für die Mitarbeiter attraktiv sein und bleiben. Ein Baustein ist die Einführung der Vier-Tage-Woche Flex. Die SWP sind hier als Stadtwerk Vorreiter. Was versprechen sich die SWP konkret von diesem Schritt? 

Wir werden ab 1. Januar 2024 ein Arbeitszeitmodell einführen, bei dem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zweimal pro Monat eine Vier-Tage-Woche haben. Läuft dieses Pilotprojekt erfolgreich, ist ab 2025 eine Komplettumstellung auf die Vier-Tage-Woche vorgesehen. Wir erhöhen damit unsere Attraktivität als Arbeitgeber und versprechen uns zudem eine Steigerung der Produktivität und des Unternehmensergebnisses. Erfahrungen aus anderen Ländern stimmen uns hier sehr zuversichtlich. Mit Blick auf unsere vielen Handlungsfelder und die Herausforderungen der Energiebranche ist es wichtig, für Fachkräfte attraktiv zu sein und moderne Arbeitszeitmodelle anzubieten. Dazu gehört auch die Möglichkeit, bis zu 100 Prozent mobil zu arbeiten. Mit dem Ausbau der Glasfaseranschlüsse in der Region schaffen wir hierzu selbst die besten Voraussetzungen.  

Wichtig: Wir blicken nicht nur auf neue Arbeitskräfte, die wir einstellen möchten, sondern gerade auch auf unsere etablierten Mitarbeiter. Denn je erfahrener eine Fachkraft ist, umso wertvoller ist sie für ein Unternehmen. Und hier setzen wir mit der 4-Tage-Woche an: Schlankere Arbeitsprozesse, Digitalisierung und eine generelle Verbesserung der Abläufe. Das kommt im Endeffekt allen zugute. Wir sind überzeugt davon, dass dieses Modell ein großer Erfolg wird.

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